Warum ist der Bodensee manchmal dunkelblau, manchmal türkis und manchmal blau?

Liebe Annika,
in welcher Farbe uns der See erscheint, hängt zunächst mit einer Eigenschaft des Lichts zusammen. Vielleicht hast du schon gehört, dass das Licht eine Welle ist. Genauer gesagt setzt sich Sonnenlicht aus Strahlen mit verschiedenen Wellenlängen zusammen, die unterschiedlichen Farben entsprechen. Du kannst diese Farben im Regenbogen sehen – alle Wellenlängen gemeinsam nehmen wir dann als weißes Sonnenlicht wahr.
Blaufärbung
Treffen diese Lichtwellen auf eine Wasseroberfläche, werden sie teilweise zurückgespiegelt und teilweise dringen sie ins Wasser ein, wo sie absorbiert – also „verschluckt“ – oder abgelenkt und gestreut werden. Die verschiedenen Lichtwellen verhalten sich dabei unterschiedlich: Während rotes Licht im Wasser schnell verschluckt wird, dringt das energiereichere blaue Licht weiter in die Tiefe und wird dort gestreut – und ist damit die einzige Lichtfarbe, die das Wasser auch wieder verlassen und so in unser Auge treffen kann. Daher nimmt unser Auge das Meer, die Seen, insbesondere klare, tiefere wie den Bodensee, als blau wahr.
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Im Winter erscheint uns das Wasser besonders dunkelblau, weil es so klar ist und ganz wenig andere Stoffe darin herumschwimmen.
David Schleheck, Biologe-Professor an der Universität Konstanz
Türkisfärbung
Das bringt uns zum zweiten Teil deiner Frage, der Türkisfärbung. Denn auch, was sich sonst so im Wasser befindet – Algen, Bakterien, Mineralien und andere Teilchen – beeinflusst die Farbe von Gewässern. Im Sommer wachsen und vermehren sich nicht nur die sichtbaren Wasserpflanzen am Ufer, sondern auch mikroskopisch kleine, frei im Wasser schwimmende Pflanzen wie Kieselalgen, die wir als Mikroplankton bezeichnen, und die das Wasser grünlich färben können. Wie alle anderen Pflanzen betreiben diese Photosynthese, um Energie für sich zu gewinnen. Dabei nehmen sie unter anderem im Wasser gelöstes CO2 auf und scheiden Sauerstoff und sogenannte Hydroxid-Ionen aus.
Jetzt wird es knifflig und etwas für die Chemie-Profis unter euch: Diese Hydroxid-Ionen verändern das Wasser (den sogenannten pH-Wert) so, dass schließlich im Wasser gelöste Carbonat-Ionen zusammen mit Calcium-Ionen als Feststoff im Wasser ausfallen – und zwar als winzig kleine, weiße Calciumcarbonat-Kristalle, auch Kalk genannt. Wenn also im Sommer sehr viele dieser Mikroalgen dies machen und die höhere Wassertemperatur hinzukommt, bilden sich im Wasser winzig kleine weiße Kristalle – und diese reflektieren das Sonnenlicht derart, dass der See seine Farbe in Türkisgrün wechselt.
© Katja Hartenberger, Electron Microscopy Centre des Fachbereichs Biologie der Universität KonstanzDiese Calcit-Kristalle aus dem Bodensee sind nur wenige Tausendstel Millimeter groß.
Während diese Kristalle dann langsam auf den Boden des Sees sinken, entstehen in den oberen Wasserschichten wieder neue. Und das wiederholt sich immer wieder, solange es viele Mikroalgen gibt, die Photosynthese betreiben, und die Wassertemperatur in der Schicht hoch genug ist. Das erstreckt sich meist auf einige Sommermonate. Und es könnte sein, dass die Klimaerwärmung dazu führt, dass sich der Zeitraum, in dem wir türkisgrünes Wasser sehen, in Zukunft verlängert.
Mit vielem Dank für Dein Interesse und mit vielen Grüßen,
Dein David
Der Biologe David Schleheck ist Professor an der Universität Konstanz. Er erforscht Kleinstlebewesen im Wasser des Bodensees, insbesondere Bakterien. Und er fährt regelmäßig mit dem Forschungsschiff der Universität auf den See hinaus, um Wasserproben zu entnehmen.
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