Verflochtene Kulturen

Seit April 2018 ist Prof. Dr. Daniel G. König an der Universität Konstanz Professor für Geschichte der Religionen.

Daniel König selbst bezeichnet seine Professur als eine „versteckte Mittelalterprofessur mit religionsgeschichtlichem Schwerpunkt“. Dabei hatte König die Mediävistik für seinen Lebenslauf zunächst gar nicht vorgesehen. „Da bin ich so reingerutscht“, erzählt er, und spult in seiner persönlichen Geschichte einige Jahre zurück: Teile seiner Jugend verbrachte Daniel König in Kairo und kam so mit Menschen in Kontakt, mit deren Kultur, Religion und Sprache er sich zurück in Deutschland intellektuell beschäftigen wollte. Er lernte Arabisch, studierte ‒ unter anderem ‒ Islamwissenschaften und wurde sich als Sprachassistent in Aleppo der Diversität der „arabischen Welt“ bewusst.

Diese Erkenntnis und die Begegnungen auf persönlicher Ebene prägen seine Arbeit, in der er versucht, individuelle Akteure zu betrachten, statt Pauschalurteile über Kollektive zu fällen. Zwar sei es methodisch legitim, „lateinisch-christliche“ und „arabisch-islamische“ Sphären einander gegenüber zu stellen, um auf diese Weise vergleichend Einblick in das Funktionieren soziokultureller Makrosysteme zu bekommen. Solch ein Vergleich müsse aber immer kritisch reflektiert werden.

„Eine Gegenüberstellung sollte nicht implizieren, dass es sich um zwei abgrenzbare Systeme handelt, die immer und überall zueinander in Opposition standen“, erklärt König und stellt klar: „Kulturelle Abgrenzungsprozesse sind nur eine Facette historischer Realitäten. Beziehungsgeflechte zwischen Individuen, Gruppen und Gesellschaften lassen sich kaum auf eine Grenzziehung zwischen „Wir“ und „Ihr“ reduzieren.“

Mit seiner Arbeit macht er auf Mischformen kollektiver Identitäten aufmerksam: Sprachliche Verflechtungen des Romanischen und Arabischen in der mittelalterlichen Andalusischen Poesie zeigen etwa, dass eine Kategorisierung gesellschaftlicher Gruppen auf der Basis religiöser oder ethischer Unterschiede ein großes Spektrum an kulturell relevanten Beziehungen unberücksichtigt lässt. König plädiert dafür, die Vorstellung von interagierenden „Kulturen“ oder „Zivilisationen“ zu hinterfragen und die historische Vielfalt an Interaktionsmöglichkeiten zwischen Menschen unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Herkunft hervorzuheben. Er selbst macht sich dazu seine „doppelte“ Ausbildung in den Geschichts- und Islamwissenschaften zunutze, indem er für seine Forschung systematisch lateinische und arabische Quellen verwendet. Um die Möglichkeiten weiterzugeben, die sich durch die beiden Quellensprachen ergeben, arbeitet König mit seinem Team derzeit an der Erstellung einer lateinisch-arabischen Quellenanthologie.

„Ich möchte den lateinischen Mediävisten das arabische und den Islamwissenschaftlern das lateinische Quellenmaterial zugänglich machen, ihnen die jeweils andere Seite sowie Kontakt- und Mischzonen aufzeigen.“

Obwohl sich Daniel König hauptsächlich mit Quellen aus der Zeit zwischen 500 und 1500 nach Christus beschäftigt, haben die Themen nicht an Aktualität verloren. „Mittelalterliche Phänomene werden häufig zum Anlass genommen, große aktuelle und persönlich relevante Fragen zu diskutieren. So kann es leicht passieren, dass in einem Seminar auf der Basis historischer Texte ideologische Positionen ausgehandelt werden“, so König. Auch außerhalb des universitären Kontextes sei dieses Material relevant, etwa in der Schule: „Viele der großen Fragen, die heute zum christlich-islamischen Verhältnis diskutiert werden, sind auch schon im Mittelalter verhandelt worden. Die Bilder des Anderen, negative Stereotypen auf beiden Seiten ‒ wenn Sie solche Themen historisch behandeln, können Sie die Brücke zum Heute gar nicht vermeiden.“

Auf die Frage, wie er seinen Start an der Universität Konstanz erlebt habe, antwortet Daniel König: „Die kleine Universität ist super.“ Dass man sich auch mal über den Weg läuft, schaffe Raum für Dialoge und ermögliche die Zusammenarbeit auch über Fachgrenzen hinaus.

Prof. Dr. Daniel G. König wurde 2006 an der Universität Bonn promoviert und habilitierte sich 2013 an der Goethe-Universität Frankfurt. Er koordinierte von 2012 bis 2016 das DFG-Netzwerk „Transkulturelle Verflechtungen im mittelalterlichen Euromediterraneum“ und war Universitätsprofessor am Exzellenzcluster „Asia and Europe in a Global Context“ an der Universität Heidelberg, bevor er die Professur für Geschichte der Religionen am Fachbereich Geschichte, Soziologie, Sportwissenschaft und empirische Bildungsforschung der Universität Konstanz antrat.

Quellen:

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Janne Tüffers

Von Janne Tüffers - 22.02.2019