Ziel 9: Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen


Das Erreichen von Umweltzielen wie verbesserte Ressourcen- und Energieeffizienz ist eine der Schlüsselstrategien zu einer nachhaltigen sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung. Der Beitrag meiner Arbeitsgruppe zur Realisierung dieses Ziels bestand in den letzten Jahren u.a. in der Analyse politischer Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz. Hierbei werden nicht nur rein staatliche Interventionsinstrumente analysiert, sondern aus der Governance-Perspektive ein breites Spektrum von Akteuren und Maßnahmen auch aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft in die Analyse einbezogen.

Ein Teilprojekt fokussierte auf selbstregulative Arrangements, in denen Staat, Wirtschaft (Unternehmen als Geräte- und Ausrüstungshersteller, Einzelhändler und Energieerzeuger) und auch die Zivilgesellschaft (Wirtschafts- und Verbraucherverbände) produktiv und wirksam zusammenarbeiten. Ein Beispiel hierfür sind Normungs- und Standardisierungsmaßnahmen für energieeffiziente Geräte durch Kennzeichnungsprogramme, Informationskampagnen und Beratung. Flankierend werden oft monetäre Anreize eingesetzt wie Steuererleichterungen oder Subventionen. 

Unsere Analysen zeigen, dass kooperative Arrangements der privaten und selbstregulierten Governance zur Steigerung von Energieeffizienz beitragen können und darüber hinaus auch Innovationen fördern. Unternehmen und Wirtschaftsverbände sind Schlüsselakteure neben Regierungen und Verwaltungen in solchen Politiknetzwerken. In einem Projekt (A. Lang & H. Murphy (Eds), 2014. Business and Sustainability. Cham: Springer.) stellen wir detailliert dar, wie sich öffentliche und private Initiativen bei Produktnormen und Effizienzkennzeichnungen hierbei fruchtbar ergänzen.

In einem größeren Ländervergleich konnten wir zeigen, dass in „koordinierten“, d.h. sozialen Marktwirtschaften, zu denen viele EU-Länder gehören, oft freiwillige selbstregulative Standards von Seiten der Industrie entwickelt werden. Diese werden über Wirtschaftsverbände koordiniert und, unterstützt durch die Europäische Kommission, mittels Gesetzgebung auf der EU- und nationalen Ebene wirksam umgesetzt. In weitgehend unregulierten „liberalen Marktwirtschaften“, wie z.B. den USA und Großbritannien, bleiben solche Standards eher freiwillig und haben weniger verpflichtende Wirkung, insbesondere auch deswegen, weil starke und umfassende Wirtschaftsverbände fehlen, die Selbstregulierung wirksam vorantreiben können.

Prof. Dr. Volker Schneider ist Professor für Materielle Staatstheorie am Fachbereich für Politik- und Verwaltungswissenschaft der Universität Konstanz. Seine Lehre und Forschung ist der theoretischen und empirischen Analyse von Staatstätigkeit gewidmet. Das theoretische Interesse ist hier sowohl auf die Voraussetzungen und Determinanten als auch auf die Folgen und Wirkungen staatlichen Handelns gerichtet. Es umfasst im weiteren Sinne auch Theorien politischer Steuerung und politische Systemtheorien, die Staat und Gesellschaft als zentrale Komponenten gesellschaftlicher Selbstregulierung betrachten. (für eine aktuelle Darstellung dieser Perspektive siehe: Schneider, V, 2019. "Bringing Society Back in. Actors, Networks, and Systems in Public Policy." In: H. Lehtimäki, P. Uusikylä and A. Smedlund (Eds). “Society as an Interaction Space: A Systemic Approach”. Cham: Springer)


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Prof. Dr. Volker Schneider

Von Prof. Dr. Volker Schneider - 14.05.2020

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