Ziel 15: Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen


Für die nachhaltige Entwicklung der Welt ist der Schutz der globalen Biodiversität von allerhöchster Bedeutung. Pflanzen und Tiere erbringen für die Menschheit unabdingbare Ökosystemdienstleistungen, ohne die ein gemeinsames Leben auf der Erde undenkbar ist.

Im Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie sowie im Exzellenzcluster Kollektivverhalten der Universität Konstanz etablieren wir gerade die Grundlagen für ein globales Verständnis des Miteinanders von Organismen. Es stellt sich immer mehr heraus, dass Humboldts Idee einer globalen Vernetzung von Individuen über Artgrenzen hinweg sowie einer gegenseitigen Abhängigkeit aller Beteiligten zutrifft. Tiere interagieren konstant und überall miteinander und tauschen Informationen aus. Das Wissen aus dieser kollektiven Information ist mehr als die Summe der Einzelteile, das heißt, ein emergentes Systemwissen. Allgemeinhin wurde früher diese intuitive Einsicht in Lebensvorgänge als der sechste Sinn der Tiere bezeichnet. Da wir jetzt einigen wenigen Tieren weltweit kleine tragbare Sensoren mitgeben, können die Tiere mit uns kommunizieren und uns damit ihre Einsichten über die Lebensvorgänge aus jedem Winkel des Planeten mitteilen. Tiere werden so zu Erdbeobachtern in einem globalen Beobachtungssystem des Lebens für das Leben, dem „Internet der Tiere“.

Dadurch können wir die Auswirkungen des Klimawandels beobachten und vorhersagen, Wettervorgänge über der Mitte des Pazifiks, der Sahara oder auf der Höhe des Mount Everest messen, die Ausbreitung von zoonotischen Krankheiten wie Vogelgrippe, SARS und Ebola beobachten oder möglicherweise sogar Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüche oder Erdbeben vorhersagen.

Wir sind durch diese Beobachtungsmethoden zum ersten Mal in der Lage, wirklich zu verstehen, wo es zum Verlust der biologischen Vielfalt der Tiere kommt: Die Tiere selbst sagen uns, wo es ihnen gutgeht und wo sie Probleme haben und sterben. Gleichzeitig können wir auch invasive Arten auf diese Weise beobachten, ihre Invasionen vorhersagen und native Arten damit schützen. Besonders wichtig ist das in vielen Bergökosystemen der Welt, die besonders vom globalen Wandel bedroht und daher ein Fokus unserer Arbeit sind. Durch die Besenderung von Tieren wie Nashörnern können wir nachhaltig zur Verminderung der Wilderei beitragen. Durch kleine elektronische Ohrmarken, entwickelt von den wissenschaftlichen Werkstätten der Universität Konstanz, kommunizieren die Nashörner mit Wildhütern und werden geschützt.

© Mark Thiessen, National Geographic Society

Prof. Dr. Martin Wikelski ist Gründungsdirektor am Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und Professor im Fachbereich Biologie der Universität Konstanz. Seit 2001 arbeitet er am ICARUS-Projekt (International Cooperation for Animal Research Using Space), dessen Ziel die weltweite Beobachtung von Tieren ist, um deren Lebensgrundlagen zu erhalten und das natürliche Wissen der Tiere für den Menschen nutzbar zu machen.
 


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