In Kooperation mit der Umwelt

Nachhaltige technische Einrichtungen auf dem Campus schonen die Natur und kommen dem Etat der Universität Konstanz zugute – Das studentische Green Office war das erste an einer deutschen Hochschule


Der Campus der Universität Konstanz ist umgeben von beeindruckender Natur. Auf dem Gießberg erbaut reicht der Blick je nach Position über Wald, Wiesen und/oder See. Dieser Verbundenheit des Campus mit seiner natürlichen Umgebung entsprechen die Maßnahmen der Universität, mit der Natur auch in Einklang zu leben – und zwar von Anfang an. Die Universität ist seit ihrer Grundsteinlegung als nachhaltiges und umweltschonendes Gebäudesystem angelegt. 2015 gab es dann eine Premiere an der Universität Konstanz zu feiern: Studierende gründeten das erste Green Office an einer deutschen Hochschule.


Bodenseewasser zur regenerativen Kühlung

Seit Bezug des Campus auf dem Gießberg Anfang der 1970er Jahre wird Bodenseewasser für eine ressourcenschonende Kühlung der universitären Anlagen genutzt. Nachhaltig war und ist bereits der Transportweg des Wassers aus dem See auf den Gießberg: Die Rohre gab es bereits unter den Wiesen der Allmannsdorfer Höhe, die sich zwischen Campus und dem „Überlinger See“ genannten Teil des Bodensees befindet. 

Es handelte sich um die einstmalige Wasserversorgungsleitung des Zentrums für Psychiatrie Reichenau, die damals nicht mehr genutzt wurde. Jetzt erwies sie sich als ideal, um den Bodensee als regenerative Kältequelle für die Universität einzusetzen. Das Wasser wird seither aus dem Überlinger See an die Universität Konstanz gepumpt.

© Bild: Gretje Merbitz

„Das hat den Vorteil, dass wir außer der Energie, die wir zum Pumpen brauchen, keine weitere Energiequelle zum Kühlen von universitären Anlagen benötigen“

- Tasso Pick, innerhalb des Facility Management der Universität Konstanz zuständig für das Energiemanagement. Bild: Gretje Merbitz

Entnommen wird das Seewasser aus 54 Metern Tiefe, wo unabhängig von der Jahreszeit immer eine Temperatur von vier Grad herrscht. Gekühlt werden damit Lüftungs- und Klimageräte für die Bibliothek und die Hörsäle, Großgeräte in den Laboren und insbesondere das Rechenzentrum der Universität. „Wir können allein für die Rechner- und Serviceräume bis zu 1.000 Kilowatt Kühlleistung bereitstellen“, gibt Tasso Pick an, der seine Ausbildung über einen internationalen Studiengang Umwelttechnik erworben hat. Die Bereitstellung von Kühlung in dieser Größenordnung auf herkömmlichem Weg würde Kosten in Höhe von bis zu 400.000 Euro jährlich verursachen. Nach seinem Einsatz wird das Wasser über den Hockgraben wieder zurück in den See, in den „Konstanzer Trichter“, geleitet, wo es sich mit Niederschlagwasser vermengt. So wird der See nicht durch Wärme belastet.


Mit dem Blockheizkraftwerk einen guten CO2-Fußabdruck

Für das Gegenteil der Kühlung, die Wärmebereitstellung, ist das Blockheizkraftwerk (BHKW) der Universität Konstanz zuständig. Es stellt einen zentralen Faktor im Energiekonzept der Universität dar. „Dadurch, dass wir eine Campus-Universität sind, haben wir ideale Voraussetzungen für ein großes BHKW“, so der Energiemanager. Ein Blockheizkraftwerk produziert gleichzeitig Wärme und Strom, zwei Ressourcen, an denen eine Universität großen Bedarf hat. „Die Projektidee war, mit dem BHKW einen Großteil des Wärmebedarfs zu decken und gleichzeitig Elektroenergie zu produzieren“, so Tasso Pick.

Bis zu 50 Prozent ihrer benötigten Elektroenergie kann die Universität durch das BHKW decken. Weil es „wärmegeführt“ ist, das heißt, dass es sich nach dem Wärmebedarf der Universität richtet und dieser durch Energieeffizienz und witterungsbedingt kleiner geworden ist, liefert es aktuell 40 Prozent des an der Universität benötigten Stroms. Hauptziel ist, mit dem BHKW sowie mit den bisher initiierten Energie-Effiezienzmaßnahmen „einen möglichst guten CO2-Fußabdruck unserer Energiebewirtschaftung zu hinterlassen“.

Kostengünstig ist es ohnehin: Für den selbsterzeugten und selbstverbrauchten Strom hat die Universität das sogenannte Eigenstromprivileg. Für jede selbstproduzierte Kilowattstunde fällt keine Stromsteuer und keine Erneuerbare Energie-Abgabe an. Da es auch nach vier Jahren bereits abbezahlt war, kommen die Erlöse aus Steuerrückerstattungen und diverser Fördergeldern dem Universitätshaushalt zugute.



Potovoltaik-Anlagen mit 1.216 Solarmodulen

Für einen umweltfreundlichen CO2-Fußabdruck sorgen des Weiteren die Photovoltaik-Anlagen auf Dächern der Universität. Die konzeptionellen Grundlagen dazu wurden 2012 auch mit Beteiligung des Konstanzer Physikers Prof. Dr. Giso Hahn gelegt. Als es dann 2016/2017 einen Vorstoß der baden-württembergischen Landesregierung gab, der entsprechend alle öffentlichen Liegenschaften prüfen sollten, welche Flächen für Photovoltaik geeignet seien, lag das Konzept für die Universität Konstanz bereits vor. Gemeinsam mit dem Bauamt, Vermögen und Bau Baden-Württemberg, wurde es mit Mitteln des Landes realisiert.

Im März 2019 wurden insgesamt 1.216 Solarmodule mit einer Fläche von fast 2.000 Quadratmeter auf acht Dächern angebracht. Im Moment befindet sich die Anlage im Zertifizierungsverfahren. Der nächste Bauabschnitt Photovoltaik ist schon im Blick.

Übrigens: Bereits 1999 wurde im Rahmen einer studentischen Initiative und Mitarbeitenden des Fachbereiches Physik der Verein „Sonnige Aussichten" gegründet, der auf dem Dach des Chemiegebäudes die erste Photovoltaik-Anlage der Universität installierte. Die Betriebserfahrungen mit dieser Anlage waren eine wertvolle Planungsgrundlage für die nun vielfach größere Anlage.

„Alles in allem konnte in zehn Jahren, von 2008 bis 2018, im Energiebereich der CO2-Ausstoß der Universität Konstanz von 20.640 Tonnen auf 6.331 Tonnen reduziert werden.“

Tasso Pick fasst zusammen: „Voraussetzung für den Erfolg ist die enge Zusammenarbeit zwischen dem Bauamt, den Stadtwerken Konstanz und der Betriebstechnik der Universität.“


Das Green Office

Als Studierende der Universität Konstanz 2015 das Green Office gründeten, waren sie damit die Ersten an einer deutschen Hochschule. Vorbild war die weltweit erste Einrichtung an der Universität im niederländischen Maastricht. Das Green Office (GO) der Universität Konstanz versteht sich als Lobbyeinrichtung für eine Kultur der Nachhaltigkeit, deren sechs studentische Mitglieder sich als Ansprechpersonen, Informationsvermittelnde, Weiterbildungslehrkräfte und Netzwerkbetreibende verstehen. Als Teil des internationalen Green Office Movement haben sich die Studierenden eine „Kultur der Nachhaltigkeit in Wissenschaft, Verwaltung und Lebenswelt der Universität“ zum Thema gemacht.

Alle zwei Jahre gibt das GO einen Nachhaltigkeitsbericht heraus, seit 2017 wird einmal im Jahr eine Projektwoche Nachhaltigkeit organisiert, die in diesem Jahr vom 1. Juni bis zum 5. Juni 2020 digital stattfindet. Der Titel lautet: „36 Grad und es wird noch heißer". Die Themen sind unter anderem Energie, Digitalisierung, Ernährung und Konsum. In der Lehre bietet das Green Office das Nachhaltigkeitszertifikat „QualiN“ für Studierende an (siehe auch das Interview mit Luisa Hoffmann). Noch im ersten Jahr seines Bestehens wird das Lehrangebot im Jahr 2017 vom „campusWELTbewerb“ ausgezeichnet.

Im gleichen Jahr wurde dem GO der Preis des Universitätsrates der Universität Konstanz mit einem Preisgeld von 10.000 Euro zugesprochen. Das Green Office unterhält den Blog KonConscious zu Nachhaltigkeitsthemen an der Universität Konstanz und seit Sommersemester 2016 schreibt es gemeinsam mit dem Nachhaltigkeitsreferat der Studierendenvertretung und dem International Office der Universität Konstanz ein Reisestipendium aus.

Nachhaltigkeit definiert des Green Office übrigens so:
„Unser Nachhaltigkeitsverständnis leitet sich aus dem „Vorrangmodell der Nachhaltigkeit“ ab. Dabei umgibt die ökologische Nachhaltigkeit die soziale Nachhaltigkeit und diese wiederum die ökonomische. Auch wir stellen die ökologische Nachhaltigkeit in den Vordergrund, da wir davon ausgehen, dass sie der Nährboden und die Voraussetzung für soziale und ökonomische Nachhaltigkeit ist. Die drei Nachhaltigkeitsbereiche sind eng miteinander verknüpft und bedingen sich gegenseitig."
 


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Maria Schorpp

Von Maria Schorpp - 14.05.2020

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