Hirschziegen­antilopen auf dem Balzplatz

Hemal Naik, Akanksha Rathore und Vivek Hari Sridhar reisten nach Rajasthan, Indien, um das Paarungsverhalten von Hirschziegenantilopen (auch als Indische Antilope oder Schwarzböcke bekannt) aus der Vogelperspektive zu untersuchen. Sie berichten, was sie in den sechs abenteuerlichen Wochen vor Ort erlebten.
© Vivek Hari Sridhar

Das Blackbuck Wildlife Sanctuary, Tal Chhapar, liegt in Rajasthan, Indien. Es ist ein trockener Staat, der zu einem großen Teil von Buschland und Wüste bedeckt ist. Die PostdoktorandInnen Hemal Naik, Akanksha Rathore und Vivek Hari Sridhar machten sich auf den Weg in den Park, um das Paarungsverhalten von Hirschziegenantilopen auf dem Paarungsplatz, auch Lek genannt, zu untersuchen.

https://www.youtube.com/shorts/FvI-OT8-SJo

Hemal Naik bereitet sich auf seine Feldforschungszeit in Indien vor! Auf Instagram berichtet er davon: @walking_naik #UniKonstanz im Feld.

Über die Instagram-Serie „In the field“
Auf dem Instagram-Account der Universität berichten WissenschaftlerInnen über ihr Projekt, ihre Feldarbeit, das Land, in dem sie forschen, Herausforderungen, lokale Partner, verwendete Techniken usw. Interesse selbst bei der nächsten Feldforschung beizutragen? Schreiben Sie uns eine E-Mail an onlineredaktion@uni-konstanz.de.
 

„Unser Hauptziel war es, die Paarung der Hirschziegenantilopen zu erfassen. In dieser Paarungssaison konnten wir den Lek in seiner ganzen Pracht beobachten", berichtet Akanksha Rathore. „Hunderte von Hirschziegenantilopen versammelten sich an ihrem traditionellen Lek, und wir konnten das Geschehen mit Hilfe von Drohnen aus der Vogelperspektive festhalten.“ Anschaulich berichten die Forscherin und ihre Kollegen, wie die rivalisierenden Männchen mit aller Kraft kämpften. Währenddessen versuchten die subadulten Tiere, das Liebeswerben zu stören. Die Weibchen zogen von Männchen zu Männchen und stießen dabei oft andere Weibchen weg. „Unser Team hatte Freude daran, die Beobachtungen zu kommentieren“, berichtet Hemal Naik.

https://www.youtube.com/watch?v=ASMWxzuwkAg

Paarungsverhalten von Hirschziegenantilopen auf dem Paarungsplatz, auch Lek genannt.

Die Paarung von Hirschziegenantilopen ist ein visuell spektakuläres und extrem seltenes Phänomen, bei dem die Männchen in eng umgrenzten Territorien ein intensives Schauspiel veranstalten und die Weibchen diese Territorien ausschließlich zum Zweck der Paarung besuchen. In den Revieren tragen lokale Interaktionen zwischen Individuen wie Konkurrenz unter Männchen und Kopieren der Partnerwahl bei Weibchen zu einem verzerrten Paarungserfolg im Lek bei. „Trotz jahrzehntelanger Forschung zu verschiedenen Leksystemen haben wir nur ein geringes mechanistisches Verständnis dieser lokalen Interaktionen im Zusammenhang mit der Partnerwahl“, sagt Akanksha Rathore. Daher argumentiert das Forschungsteam, dass die Erkenntnisse aus Studien zum kollektiven Verhalten entscheidend sein könnten, um die Partnerwahl am Lek als ein emergentes Phänomen zu verstehen.

Zur Durchführung ihrer Studie setzt das Forschungsteam mehrere Drohnen sowie Deep-Learning-Algorithmen ein, um während der nur wenige Wochen dauernden Paarungszeit kontinuierliche, fein-skalierte Daten von jedem Individuum im Gebiet zu erhalten. Im Jahr 2022 schlossen die Forscher eine Pilot-Feldsaison ab und sammelten hochauflösende Videos, die den gesamten Bereich des Paarungsgebiets abdeckten. Mit den gewonnenen Erfahrungen gingen sie 2023 erneut ins Feld, um die Daten für ihre Studie zu sammeln.

https://www.youtube.com/watch?v=ROIcEX64tsQ

Das Team hatte viel Spaß beim Aufzeichnen der Daten. Hier ist ein Video, das zeigt, wie sie den Paarungsplatz in diesem Projekt untersuchen. Ein kleiner Eindruck, wie die Tage im Feld aussehen.


Neben der Arbeit genoss das Team auch die lokalen Feste in der Stadt. „Wir schlossen Freundschaften und hörten von den Einheimischen Geschichten über Kala Hiran (Hirschziegenantilope), Sanda (Stachelschwanzeidechse), Lomdi (Wüstenfuchs) und viele mehr, während wir am örtlichen Teestand eine Tasse Chai tranken", berichtet Vivek Hari Sridhar.

Sie erfuhren, dass die Population der Pflanzenfresser eine zunehmende Gefahr für die Ernten in der Umgebung des Parks darstellt, was zu Konflikten zwischen Tieren und Bauern führt. Hemal Naik fasst zusammen: „Wie an den meisten Orten der Welt werden Politik und Bildung eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, eine ausgewogene Entscheidung zwischen dem Schutz von Naturräumen und der Entwicklung öffentlicher Infrastruktur zu treffen. Wo man Projekte wie das unsere in dieser Gleichung ansiedelt, entsteht ein Denkanstoß.“

https://youtube.com/shorts/Vq8lmvynTgE?feature=share

Das Team kann den Blick nicht von den Realitäten des Lebens abwenden. Während sie an seltenen Verhaltensweisen arbeiteten, war es für sie interessant, das Verhältnis von Liebe und Hass zwischen Menschen und Tieren kennenzulernen.

„Insgesamt war es eine Zeit, in der wir viel gelernt und viele Beobachtungen gemacht haben“, sind sich die Forscher einig: „Wir sind mit vielen Hypothesen zurückgekommen, die mit neuen Ansätzen wie dem unseren untersucht werden sollten. Der Lek wurden noch nie aus der Luft untersucht, und es gibt noch viel mehr Fragen, die auf uns warten, wenn wir anfangen, diese Daten auszuwerten.“

Zurück in ihren Büros steht diese Datenanalyse an. Dazu haben sie einen Datensatz für maschinelles Lernen und Computer Vision vorbereitet. „Wir verwenden den Datensatz zur Feinabstimmung der Algorithmen und zur Bewertung der Ergebnisse. Sobald dies geschehen ist, werden wir anhand der aufgezeichneten Daten entscheiden, wie wir weiter vorgehen“, sagt Vivek Hari Sridhar.

© MELA

Um die Videos in Daten umzuwandeln, entwickelt das Team Methoden zur räumlichen Erfassung eines Bereichs, zur zeitlichen Ausrichtung der von mehreren Drohnen gesammelten Videos und schließlich zur Ermittlung der Bewegungsbahnen aller Individuen als globale Koordinaten.

 

Doch eins steht fest: Alle drei freuen sich schon auf die nächste Feldsaison Anfang 2024: „Wir werden versuchen, einige neue Methoden zur Erhebung von Sondierungsdaten zu nutzen, um die Aktivitäten am Lek nach Sonnenuntergang mit Nachtsichtkameras oder seismischen Sensoren aus der Nähe betrachten zu können", so das Forschungsteam. Weitere Informationen

Kontakt:
Akanksha Rathore ist Postdoktorandin am Exzellenzcluster Centre for the Advanced Study of Collective Behaviour an der Universität Konstanz. Hemal Naik und Vivek Hari Sridhar arbeiten als Postdoktoranden am Max-Planck-Institut für Tierverhalten und sind dem Exzellenzcluster Centre for the Advanced Study of Collective Behaviour an der Universität Konstanz angegliedert. Für aktuelle Informationen über das Projekt MELA können Sie Hemal Naik unter @walking_naik auf Instagram oder jedem Mitglied des MELA-Teams auf Twitter folgen @akankrathore, @hmnaik, @vivekhsridhar oder sehen Sie sich alle Posts aus dem Feld unter @unikonstanz auf Instagram an.
 

 

Elisabeth Böker

Von Elisabeth Böker - 29.06.2023